Seit Tausenden von Jahren erfreuen sich die Menschen am medizinischen Nutzen der Cannabis-Pflanze. Am 2. Dezember 2020 entschied die Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen Cannabis aus dem Einheitsübereinkommens der UN über Suchtstoffe herauszustreichen und empfahl die Abänderung der Konvention von 1961, sodass, begründet durch das therapeutische Potentials dieses Cannabinoides, CBD-Produkte mit weniger als 0,2% THC-Gehalt nicht der internationalen Kontrolle unterliegen. Solch ein therapeutische Potential von Cannabidiol (CBD) rückte erst im 20. Jahrhundert in die Interessenssphäre der Wissenschaft, nachdem die erstmalige stereochemische Definition von THC 1964 in der Entdeckung des Endocannabinoid-Systems und dem Beginn klinischer Studien zur Erforschung von neuroprotektiven Medikamenten auf Cannabisbasis resultierte.
Seitdem konnten mehrere potentiell positive therapeutische Effekte von CBD festgestellt werden, wie vor allem antipsychotische, antioxidative und antiinflammatorische Eigenschaften und sogar eine analgetische Wirkung bei chronischen Schmerzen (kleine kontrollierte Studien deuten auf schmerzlindernde Effekte von Cannabinoiden wie CBD bei Tumorschmerzen, Rheuma oder Fibromyalgie hin), sowie dem Vorteil, dass es den Nebenwirkungen von THC bei Arzneitmitteln, die beide Cannabinoide enthalten, entgegenwirken kann. Zusätzlich belegten in den 70er und 80er Jahren durchgeführte Studien die antiemetische Wirkung von Cannabinoiden bei Zytostatika induzierter Übelkeit/Erbrechen (z.B. infolge einer Chemotherapie) und einen positiven Effekt bei der Therapie von Appetitlosigkeit bei HIV-Patient_innen und Menschen mit Tumorerkrankungen oder Alzheimer.
Eine weitere, besonders vielversprechende Option hinsichtlich eines potentiell lebensveränderndem therapeutischen Nutzen von Cannabis ist die antikonvulsive Wirkung von CBD. Heute gibt es schon zwei in der Europäischen Union und Deutschland zugelassene, verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel, die auf dieser besonderen pharmakologischen Wirkung von CBD basieren. Ende 2018 wurde das Orphan-Arzneimittel Epidyolex® in der EU zugelassen. Dieses Medikament mit einem CBD-Gehalt von 98% wird in Kombination mit anderen Epilepsie-Medikamenten wie Clobazam zur Behandlung von Patient_innen ab 2 Jahren eingesetzt, die unter den besonders schweren Epilepsie-Typen Lennox-Gaustaut Syndrom oder dem Dravet Syndrom leiden.
Ebenso macht sich das bereits 2011 zugelassene Oromukosalspray Sativex® die antikonvulsive Wirkung von CBD zu Nutze, um spasmische Symptome von MS-Patienten_innen zu behandeln, die bei 80% aller Erkrankten im Verlauf der Krankheit auftreten und oft nicht adäquat behandelt werden, sowie die Schlafqualität der Erkrankten durch Behandlung von Schlafstörungen zu verbessern, die durch nächtliche Spasmen ausgelöst werden können. Durch das gute Sicherheitsprofil ohne indikatives Abhängigkeits- und Missbrauchspotential und die Möglichkeit der selbstbestimmten Dosierung, die an die individuellen Bedürfnisse der Patient_innen angepasst werden kann, konnte in der Studie die Lebensqualität von MS-Erkankten deutlich verbessert werden.
Die Studien zum medizinischen Nutzen von CBD, insbesondere Langzeitstudien, liegen heute leider noch nicht so zahlreich vor, wie es dieses faszinierende Cannabinoid aufgrund seines beachtenswerten therapeutischen Potentials eigentlich verdient hätte. Allerdings wird durch das steigende Interesse an CBD auch das Volumen klinischer Studien stetig erhöht und so werden in den kommenden Jahren auch vermehrt Forschungen zu weiteren und vertiefenden Behandlungsmöglichkeiten von chronischen und akuten Krankheiten durch Cannabidiol durchgeführt werden. In Anbetracht der im Rahmen der Novel-Food-Verordnung möglichen künftigen Einstufung von CBD als Lebensmittel werden sich dadurch neue und noch besser belegte therapeutische Anwendungsmöglichkeiten im Alltag eröffnen, die eine noch vielfältigere Palette an CBD-Produkten erschaffen werden - das Potential ist definitiv vorhanden.